
Im Fall der Fälle: Welche Rechte haben Einwanderer aus Deutschland bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit in der Schweiz?
Eine Auswanderung ist mit langfristigen Plänen verbunden. Wer den Schritt wagt, hat in der Regel einen unterzeichneten Arbeitsvertrag in der Tasche.
Doch was passiert, wenn ein Jobverlust droht? Im dynamischen Arbeitsmarkt der Schweiz finden Fachkräfte mit entsprechender Expertise meist schnell eine neue Anstellung. Wer über entsprechende Referenzen verfügt, kann zumeist davon ausgehen, noch innerhalb der Kündigungsfrist eine neue Stelle zu finden.
Ist dies jedoch nicht der Fall, stellt sich die Frage, welche gesetzlichen Regelungen greifen, ob der Verlust der Aufenthaltsbewilligung droht und ob Einwanderer mit B- oder C-Ausweis einen Anspruch auf staatliche Hilfen haben.
Grundsätzlich sind in der Schweiz Gehälter zwischen 500 Franken und 12’350 Franken im Monat versichert. Lohnanteile, die darüber hinausgehen, finden keine Berücksichtigung. Demnach erhält man maximal 9'880 Franken im Monat (max. versichertes Gehalt x max. prozentualer Anteil 0.7 oder unter bestimmten Voraussetzungen 0.8, sofern die Person Unterhaltspflichten gegenüber Kindern hat, der Lohn unter CHF 4'150 pro Monat lag oder ein Invaliditätsgrad von mind. 40% vorliegt und Invalidenrente bezogen wird).
Unabhängig von der Staatsangehörigkeit haben Sie Anspruch auf Unterstützungsleistungen, wenn Sie die folgenden Kriterien erfüllen:
- Sozialversicherungspflichtige Anstellung von mind. 12 Monaten innerhalb der letzten 2 Jahre (= minimale Beitragszeit)
- Gültige Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung mit Berechtigung zur Erwerbstätigkeit in der Schweiz
- AHV-Alter noch nicht erreicht (65 Jahre für Männer, 64 Jahre für Frauen, was jedoch bis 2028 schrittweise erhöht wird)
- Bereitschaft, eine dem Karriereprofil entsprechende Stelle anzutreten
- Aktives Bewerben um einen neuen Job, noch während der Kündigungsfrist. Ist der aktuelle Arbeitsvertrag befristet, muss 3 Monate vor Ablauf mit der Stellensuche begonnen werden.
- ggf. Teilnahme an Eingliederungsmassnahmen.
Ein spezifisches Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland garantiert, dass Beitragszeiten in Deutschland voll angerechnet werden.
Selbstständige haben in der Schweiz keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Mit einer Ausnahme: Liegt innerhalb der letzten 2 Jahre die minimale Beitragszeit (s.o) von 12 Monaten vor, ergibt sich ein Anspruch aus der Zeit vor der Selbstständigkeit.
Wer selbstverschuldet erwerbslos wird oder kündigt ohne eine neue Anstellung zu haben, bekommt eine Sperrfrist von 30-90 Tagen auferlegt. Diese sog. "Einstelltage" werden vom zuständigen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) festgelegt.
Anfang des Jahres 2025 lag die Arbeitslosenquote in der Schweiz bei 3%. Die Arbeitslosenentschädigung wird als Taggeld ausgezahlt, für maximal 520 Tage. Die Dauer der Auszahlungen ist von verschiedenen Faktoren abhängig (z.B. Alter, Beitragszeiten, unterhaltspflichtige Kinder etc.) Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Anspruch verlängert werden.
Wer das Taggeld vollständig ausgeschöpft hat und sich weiterhin in der Schweiz aufhält, hat "ausgesteuert". In diesem Falle wird der Anspruch auf Sozialhilfe geprüft. Bevor diese Art von Hilfe gewährt wird, müssen alle anderen Geldquellen ausgeschöpft werden, z.B. finanzielle Rücklagen und Versicherungsleistungen (abzüglich der Freibeträge, z.B. CHF 4'000 für eine Einzelperson). In der Sozialhilfe wird ein Budget berechnet, das lediglich den Grundbedarf deckt.
Doch welche Konsequenzen hat eine Arbeitslosigkeit auf den Aufenthaltsstatus? Für Deutsche bzw. EU/EFTA-Bürger gilt:
- Mit B-Bewilligung:
- Im 1. Jahr nach Einreise: Das Aufenthaltsrecht erlischt 6 Monate nach Kündigung. Ausnahme: Wer Arbeitslosengeld ausgezahlt bekommt, darf bis zum Ende der Auszahlungen bleiben.
- Nach dem 1. Jahr der Einreise: Aufenthalt bis zu 6 Monaten nach Jobverlust. Wird Arbeitslosengeld bezogen, endet das Aufenthaltsrecht mit der Aussteuerung.
- Mit C-Bewilligung:
- Kein Verlust des Aufenthaltsstatus. Bei Aussteuerung kann das Migrationsamt allenfalls die Bewilligung widerrufen. Unter bestimmtem Umständen kommt auch eine Rückstufung auf einen B-Ausweis in Betracht.
- Für beide (B & C) gilt:
- Bei Krankheit, Unfall oder Invalidität wird die Situation im Einzelfall geprüft.
- Im Rahmen eines Familiennachzugs gewährt die Schweiz ein Verbleiberecht.
Denn insbesondere eine Auswanderung mit Familie stellt einen grossen Schritt dar. Kinder leben sich in ihrem neuen Umfeld ein, besuchen eine neue Schule und bauen Freundschaften auf. Deshalb ist es oftmals ratsam, die Familie erst in die Schweiz zu holen, wenn die Probezeit beendet ist. Dies hat zudem mehrere Vorteile: Man bekommt ein Gefühl für das Leben in der Schweiz, kann vor Ort nach einer geeigneten Wohnung oder einem Haus schauen und gewisse Vorbereitungen treffen, um Kindern den Wechsel zu erleichtern.